Der Entourage Effekt
Eines der großen Geheimnisse um die Cannabispflanze ist der sogenannte „Entourage Effekt“. Er versteckt sich in dem Funkeln der Blätter, wenn man sie in die Sonne hält. Er ist vergleichbar mit einem Menü, bei dem das Fleisch, die Kartoffeln, die Sauce für sich genommen schon sehr lecker sind. Doch erst in der Kombination kommt der großartige Genusseffekt zusammen. Entourage bedeutet also, dass 2 + 2 = 5 ergibt. Individuell ist jedes Teil stark, aber gemeinsam wirkt jeder einzelne stärker und auch anders als allein.
Die Trichome der Cannabispflanze
Was da so funkelt und glitzert sind die winzig kleinen Haare an den Blättern der Cannabispflanze. Sie sind wahre Kraftquelle, denn sie enthalten mindestens 100 verschiedene Cannabinoide (wie CBD und THC) und Terpene. Und diese sind es auch, die für den viel gerühmten Entourage-Effekt verantwortlich sind.
Die Bedeutung des Entourage-Effekts
Der Entourage-Effekt steht für eine gesundheitlich bedeutende Synergie der Cannabinoide und Terpene. Diese Stoffe arbeiten zusammen, um ein Optimum an Wirksamkeit zu erzielen. Pflanzenstoffgemische besitzen also eine höhere biologische Aktivität, als eine isolierte Reinsubstanz. Würde man beispielsweise THC alleine konsumieren, wäre die Wucht an psychoaktiver Wirkung für den Menschen nicht mehr erträglich. Es ist schon lange bekannt, dass das CBD dem THC entgegenwirkt und dessen psychoaktive Eigenschaft vermindert [S1].
Der Entourage-Effekt bedeutet für den Konsumenten, dass jeder wirksame Bestandteile der Cannabispflanze alleine genommen bei weitem nicht so wirkungsvoll ist, wie ein Vollspektrum-Produkt, also ein Extrakt der gesamten Pflanze.
Nachweise für den Entourage-Effekt
CBD als Nahrungsergänzungsmittel ist hier in Deutschland freiverkäuflich erwerbbar, solange das Produkt einen THC-Gehalt unter 0,2% beinhaltet. Alles, was über diesen Nennwert liegt, ist verschreibungspflichtig und nur in der Apotheke erhältlich.
So auch das Medikament Sativex, das etwa 48mg THC beinhaltet. Bereits mit einer Dosis von 10 mg THC sind Psychosen assoziiert. Trotzdem haben nur 4 von 250 Patienten unter Sativex Psychosen, Paranoia und Realitätsverlust erlitten [1]. Wie kann das sein?
Die Lösung liegt im Entourage-Effekt. Das CBD in Sativex verhindert dabei die gravierenden psychoaktiven Effekte des THCs. Wenn dem nicht so wäre, würden die Risiken von Sativex den Nutzen bei weitem übersteigen und das Medikament nach bestehender Gesetzeslage nicht zugelassen werden dürfen.
1976 berichteten Patienten, dass die Rauschwirkung von THC alleine deutlich stärker ausfiel, als in Kombination mit CBD [S2].
2013 bestätigten 98% aller Nutzer, lieber medizinisches Marihuana zu nutzen, als synthetisches. Denn synthetischen Medikamenten fehlen die Cannabinoide und Terpene, die in Vollspektrum-Präparaten enthalten sind, und damit auch der Entourage-Effekt [S3].
Der Nutzen des Entourage-Effekts
Durch die Entdeckung des Endocannabinoidsystems hat der gesundheitliche Nutzen von Cannabis die Vorurteile und Zweifel inzwischen ein Stück weit vertreiben können. Der Anbau von Industriehanf ermöglicht, dass auch Vollspektrum-Produkte die gesetzlich vorgeschriebenen 0,2% an THC nicht übersteigen. Die Frage ist, ob mit der künstlichen Reduzierung des THC-Gehalts nicht auch der Entourage-Effekt verloren geht.
Der Entourage Effekt wird manchmal auch Terpen Entourage Effekt genannt. Das weist darauf hin, dass nicht nur CBD und THC, sondern insbesondere auch die Vielzahl von Terpenen am „Entourage Effekt“ beteiligt sind [2]. Die Kombination der Cannabinoide mit den Terpenen optimiert die Wirkung. Dadurch können bereits geringe Mengen von CBD beeindruckende gesundheitliche Ergebnisse erzielen.
Die Vielzahl von Studien zu den gesundheitlichen Effekten von CBD und THC weisen also nur einen geringen Teil des Stoff-Potentials in seinem natürlichen Verbund nach. Sie zeigen nicht, wie die Terpene die Wechselwirkungen von CBD und THC mit dem Körper beeinflussen. Studien, die dagegen den Entourage-Effekt berücksichtigen, zeigen, dass einige Terpene die Bindung der Cannabinoide an ihre Rezeptoren blockieren, während andere diese Verbindung verbessern. Von Beta-Carophyllen ist z.B. bekannt, dass es eine hohe Bindungsaffinität hat und auf direktem Wege die Cannabinoid-Rezeptoren aktiviert [3]. Dazu kommen weitere wichtige Kombinationen, wie:
- Terpen und Myrcen: reduzieren die Widerstandskraft der Blut-Hirn-Schranke
- Pinene: wirkt der durch THC verursachten Beeinträchtigungen von Denkleistung und Gedächtnis entgegen
- Pinen, Myrcen und Caryophyllen: lindern Angst
- Linalool und Limonen: sind zusammen mit CBG erfolgreich bei der Behandlung einer Staphylokokken-Infektion (MRSA)
- THC und das Cannabidiol CBN: verbessern die sedierende Wirkung
- Linalool und Limonen: können in Kombination mit CBD zur erfolgreichen Aknebehandlung angewendet werden.
Damit kommt den Terpenen eine mindestens genauso wichtige Rolle zu, wie den Cannabinoiden selbst. Zusätzlich tragen noch Flavonoide und Fettsäuren zum Entourage-Effekt bei. Die für die Farbgebung von Pflanzen verantwortlichen Flavonoiden haben beispielsweise, wie die Cannabinoide:
- antivirale
- antioxidative
- entzündungshemmende Wirkungen [3].
Wie komme ich in den Nutzen des Entourage-Effekts?
Um tatsächlich vom Entourage-Effekt zu profitieren, ist es wichtig, bei jedem Kauf immer auf das Etikett zu schauen. Hier sollte angegeben sein, ob tatsächlich ein Vollspektrumprodukt vorliegt und mit welchem Verfahren die Verbindungen extrahiert wurden.
Ausblick
Wenn man sich die schier unendlichen Kombinationsmöglichkeiten aus Cannabinoiden, Terpenen und Flavonoiden vorstellt, könnten durch gezielte Manipulation von Cannabispflanzen oder -extrakten starke gesundheitliche Effekte erzielt werden. In der Cannabispflanze steckt also noch weit mehr medizinisches Potenzial, als bisher auch nur zu erahnen ist.
Quellen:
[1] Schneider, Mark, Was ist der Entourage-Effekt?, 31.01.2019 in Kräuterpraxis, abgerufen am 28.03.2020 von https://kraeuterpraxis.de/blog/was-ist-der-entourage-effekt-und-warum-ist-er-fur-cbd-ole-wichtig/
[2] Was ist der Entourage-Effekt?, 30.06.2017 in CBDvital, abgerufen am 29.03.2020 von https://www.cbd-vital.de/magazin/cbd-allgemein/was-ist-der-entourage-effekt
[3] Entourage-Effekt, CBD-Cannabidiol, abgerufen am 29.03.2020 von https://cbd-cannabidiol.de/pages/entourage-effekt
[4] Was ist der Entourage-Effekt, 01.02.2018 in CBD Ratgeber, abgerufen am 29.03.2020 von https://cbdratgeber.de/cannabidiol/was-ist-der-entourage-effekt/
Relevante Studien:
[S1] Dalton, W.S. et.al., Influence of cannabidiol on delta-9-tetrahydrocannabinol effects, 03/1976 in Clin Pharmacol Ther.;19(3):300-9, abgerufen am 28.03.2020 von https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/770048
[S2] Fairbairn, J.W. et.al., Activity of cannabis in relation to its delta‘-trans-tetrahydro-cannabinol content, 03/1981 in Br J Pharmacol.; 72(3): 401–409, abgerufen am 28.03.2020 in https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2071597/
[S3] Hazekamp, A. et.al., The medicinal use of cannabis and cannabinoids–an international cross-sectional survey on administration forms, 08/2013 in J Psychoactive Drugs.;45(3):199-210, abgerufen am 28.03.2020 von https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24175484.