CBD-Zeitgeist

Interview mit Jörg Schweikart: Qualität von CBD-Ölen

CBD ist mittlerweile in aller Munde und entwickelt sich immer mehr zu einem Trend im Bereich der Naturmedizin. Entsprechend der gestiegenen Nachfrage ist auch der Markt mittlerweile riesig und die Auswahl eines geeigneten Präparates kann sich schwierig gestalten. Hierbei tauchen viele Begrifflichkeiten auf, die beim Konsumenten ein großes Fragezeichen hinterlassen. Was ist Voll-Spektrum-CBD, was ist CBD-Isolat? Worin unterscheidet sich die lösungsmittelbasierte Extraktion von der CO2-Extraktion? Um Licht ins Dunkel zu bringen haben wir ein Interview mit Dr. Jörg Schweikart geführt. Dr. Schweikart beschäftigt sich als Gründer eines erfolgreichen Unternehmens für Nahrungsergänzungsmittel bereits seit vielen Jahren mit Mikronährstoffen, Heilpflanzen und Superfoods. Um die besten CBD-Öle anbieten zu können, hat er zahllose Hersteller und CBD-Qualitäten verglichen und greift auf ein großes Netzwerk an Anwendererfahrungen zurück.

Interview

Guten Morgen Herr Schweikart. Danke, dass Sie sich für ein Interview Zeit genommen haben. Es sind ja derzeit viele unterschiedliche CBD-Öle auf dem Markt, können Sie uns erklären, worauf der Konsument Ihrer Erfahrung nach achten sollte?

JS: Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal bei CBD-Ölen ist vor allem der Herstellungsprozess, da dieser sowohl über die extrahierten Inhaltsstoffe als auch die Reinheit eines Öls entscheidet und auch einen Einfluss auf den Entourage-Effekts nimmt.

Der Entourage-Effekt ist in der Tat etwas, von dem man in Zusammenhang mit CBD häufig liest. Können Sie nochmal erläutern, was das genau ist?

JS: Unter Entourage versteht man die Einbettung von CBD in ein Spektrum vieler weiterer wirksamer Bestandteile der Cannabispflanze. Hierzu zählen vor allem weitere Cannabinoide, sowie Terpene und Flavonoide. Durch diese weiteren Inhaltsstoffe kommt es zu Wechselwirkungen der verschiedenen Bestandteile untereinander, welche die Wirkung des CBD-Öls positiv beeinflussen können.

Die Art der Wechselwirkungen ist dabei sehr unterschiedlich. Beispielsweise entfalten verschiedene Bestandteile ein und dieselbe Wirkung. Ein gutes Beispiel hierfür ist die entzündungshemmende Wirkung, die nahezu jeder Bestandteil der Cannabispflanze entfaltet. Während CBD jedoch unter anderem die Produktion und Ausschüttung entzündungsfördernder Zytokine senkt und die Konzentration entzündungshemmender Zytokine steigert, ist die antientzündliche Wirkung des Terpens Pinen über die Beeinflussung des Prostaglandins PGE-1 vermittelt. Hier spricht man dann von additiver Wechselwirkung

Es gibt aber auch eine subtraktive Wechselwirkung, wobei sich bestimmte Bestandteile in ihrer Wirkung hemmen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Effekt von CBD auf die berauschende Wirkung von THC. Über eine hemmende Bindung am CB1-Rezeptor, kann CBD bestimmte unerwünschte Nebenwirkungen von THC abschwächen oder ganz blockieren, was wichtig ist für die Alltagstauglichkeit von Cannabis-Medizin.

Bei der multiplikativen Wechselwirkung verstärkt das Vorhandensein bestimmter Bestandteile die Wirkung eines anderen Inhaltsstoffs in einer aufeinander Bezug nehmenden Weise. Beispielsweise besitzt das Terpen Myrcen die Fähigkeit, die Blut-Hirnschranke durchlässiger zu machen, sodass andere pharmakologisch wirksame Bestandteile der Cannabispflanze wie beispielsweise das CBD, diese leichter und schneller passieren können. Die Effekte sind also sehr komplex.

Und warum ist die Herstellung von CBD-Ölen wichtig für den Entourage-Effekt, können Sie das weiter erläutern?

JS: Um das zu erläutern, muss man sich zunächst einmal vor Augen halten, wie verschiedene CBD-Öle hergestellt werden.

Da ist zunächst synthetisches CBD. CBD verfügt über eine relativ einfache molekulare Struktur, die in pharmazeutischer Umgebung leicht synthetisch hergestellt werden kann. Hierbei erhält man zwangsläufig aber eben auch nur das  – nämlich CBD. Ein Entourage-Effekt kann sich hierbei nicht einstellen, da es keine weiteren chemischen Komponenten gibt.

Bei natürlichen CBD-Ölen wird CBD durch verschiedene Extraktionsverfahren aus der Cannabispflanze isoliert. Hierbei können je nach den Modalitäten des Extraktionsprozesses auch verschiedene andere Bestandteile in unterschiedlichem Ausmaß mit extrahiert werden. Die Bandbreite reicht hier vom CBD-Isolat bis zum Vollspektrum-CBD.

Was versteht man unter CBD-Isolat und was unter Vollspektrum-CBD?

JS: Beim Vollspektrum-CBD werden neben dem Cannabidiol weitere Cannabis-Wirkstoffe im Produkt belassen, darunter andere Cannabinoide, Terpene, Flavonoide, Mineralstoffe und Vitamine, die allesamt aus der Cannabispflanze herausgezogen wurden, die sich nun im gewonnenen Öl befinden.

Beim CBD-Isolat wird dieses Öl nun jedoch weiter behandelt, um das Cannabidiol von den restlichen Wirkstoffen der Hanfpflanze zu isolieren, sodass ausschließlich CBD in Form eines weißen Pulvers zurückbleibt. Dieses wird dann einem Trägeröl zugefügt.

Es versteht sich von selbst, dass nur das Vollspektrum-CBD den Entourage-Effekt aufweisen kann. Jedoch lässt hier auch noch weiter differenzieren, denn Vollspektrum-CBD lässt sich durch verschiedene Extraktionsmethoden gewinnen, die die Art des Entourage-Effekts beeinflussen.

Welche Extraktionsmethoden gibt es bei Vollspektrum-CBD? Können Sie das weiter ausführen? 

JS: Zu unterscheiden sind die CO2-Extraktion und die Extraktion mittels organischer Lösungsmittel. Bei der CO2-Extraktion werden die Inhaltsstoffe der Hanfpflanze mittels Kohlenstoff und durch das Einstellen verschiedener Temperatur- und Druckkombinationen herausgelöst. Dies ist eine gängige Methode, um bioaktive Inhaltsstoffe aus einem Ausgangsmaterial herauszulösen.

Bei der Extraktion durch organische Verbindungen wie Butan, Hexan, Isopropylalkohol oder Ethanol gelöst, wird das Pflanzenmaterial in das Lösungsmittel eingetaucht, wodurch sich Cannabinoide, Terpene und andere aktive Bestandteile lösen. Das verbleibende feste Pflanzenmaterial wird anschließend herausgefiltert und das Cannabis-Extrakt vom Lösemittel bereinigt, sodass nur noch die aktiven Komponenten der Pflanze übrig sind.

Beide Verfahren lösen aber teils unterschiedliche Inhaltsstoffe. Während durch die CO2-Extraktion keine wasserlöslichen Substanzen wie Flavonoide, Aminosäuren etc. herausgelöst werden, können organische Lösungsmittel auch Flavonoide, Aminosäuren, Alkamide und weitere Inhaltsstoffe herauslösen.

Und wie beeinflusst dies nun den Entourage-Effekt?

JS: Über einen Entourage-Effekt verfügen beide Extraktionsmethoden. Es gibt jedoch einen Unterschied bei der Betonung der für den Entourage-Effekt verantwortlichen Inhaltsstoffe. Der Entourage-Effekt fußt beim CO2-Extrakt auf einem hohen Gehalt an Terpenen, die mit CBD synergistisch zusammenwirken. Beim Ethanol-Extrakt hingegen können mit allen natürlichen Inhaltsstoffen der unbehandelten Pflanze synergistische Effekte auftreten, da diese hier anders als beim CO2-Extrakt mit herausgelöst werden.

Welche Unterschiede gibt es noch zwischen CO2– und Ethanol-Extrakt? Können Sie beispielsweise etwas zur Qualität sagen?

JS: CO2-Extrakte bieten höchste Reinheit, da kaum Kontaminationen wie z.B. Schwermetalle aus der Pflanze gelöst werden. Die CO2-Extraktion führt außerdem zur Eliminierung aller Mikroorganismen, sodass man ein sehr reines Endprodukt erhält. Da keine Lösungsmittel oder Chemikalien verwendet werden, können diese auch nicht im Endprodukt zurückbleiben.

Anders ist dies bei durch Lösungsmittel gewonnen Extrakten. Hier muss darauf geachtet werden, dass keine Lösungsmittelrückstände im Extrakt verbleiben. Wird allerdings essbarer Alkohol als Extraktionsmittel verwendet, stellt dies kein Problem dar. Da durch Lösungsmittel auch Chlorophyll gelöst wird, muss auch dies gefiltert werden, da dies sonst die Wirkung beeinträchtigen kann. Dafür ähnelt jedoch die Zusammensetzung von Ölen, die per Lösungsmittel gewonnen wurden, stärker den tatsächlichen Inhaltsstoffen der Hanfpflanze.  Sie entsprechen somit stärker dem natürlichen Vorbild. Die CO2-Extraktion führt dagegen oft zu einer erhöhten Konzentration der Cannabinoide und Terpene, was jedoch gerade für die therapeutische Anwendung von Vorteil sein kann.

Auch geschmacklich gibt es Unterschiede. CBD-Öle aus CO2-Extraktion weisen oft einen volleren intensiven Hanf-Geschmack auf. Ethanol-Extrakte haben häufig einen etwas milderem Hanf-Geschmack. Hier gibt es aber je nach Hersteller deutliche Unterschiede.

Welches CBD würden Sie persönlich empfehlen?

JS: Definitiv sind sowohl CBD-Öle aus CO2-Extraktion als auch aus Ethanol-Extraktion sinnvoll – abhängig von Geschmacksempfinden und Anwendungsgebiet. Während die hochkonzentrierten Cannabinoide und Terpene aus CO2-Extraktion sich gut zum gezielten therapeutischen Einsatz eignen, sind Ethanol-Extrakte oftmals die bessere Wahl zur Entspannung und Beruhigung. Hierbei sollte aber in jedem Fall ausschließlich auf Ethanol als Extraktionsmittel zurückgegriffen und auf Extrakte durch Butan, Hexan oder Isopropylalkohol verzichtet werden. Letztendlich ist es schwierig, eine pauschale Aussage darüber zu treffen, für welche Anwendung eine hoher Terpengehalt wichtig ist und daher ein CO2-Extrakt gewählt werden sollte und in welchen Bereichen das volle natürliche Wirkstoffprofil von Vorteil und daher lieber auf ein Ethanol-Extrakt zurückgegriffen werden sollte. Dies hängt auch stark von dem individuellen Produkt ab. Letztendlich kann daher nur empfohlen werden, die geeignete Variante entweder selbst auszuprobieren oder mit einem fachkundigen Arzt/Heilpraktiker gemeinsam zu testen.

Vielen Dank für das Gespräch.