Worin könnten CBD-Gegner Recht haben?
Der Hype um CBD ist größer denn je. Viele reden und berichten darüber, es gibt eine Vielzahl von Shops, die CBD-Produkte anbieten und es gibt immer mehr, immer irrwitzigere Kompositionen mit dem Cannabinoid. Zu Recht will man meinen, denn das, was man über die Wirkungen von CBD erfährt, klingt schlicht großartig. Doch es gibt auch diejenigen, die zweifelnd die Augenbrauen heben und davon ausgehen, dass der Wettlauf um CBD-Produkte eine Modeerscheinung ist, die genauso schnell verfliegen wird, wie sie gekommen ist. Wir möchten auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen und wollen wissen, worin die CBD-Gegner Recht haben könnte.
Die Rechtslage zu CBD
Unsicherheit besteht nach wie vor bezüglich der Rechtslage. In den Shops werden CBD-Öl, CBD-Tee, CBD-Blüten und mehr angeboten, die die gesetzlich vorgeschriebenen 0,2% THC nicht überschreiten. Doch selbst Behörden und Institute sind sich nie ganz sicher, wie das mit der Rechtslage ist. Was darf, was darf nicht? Käufer und Verkäufer wissen es erst recht nicht. Mit CBD befinden wir uns in einer rechtlichen Grauzone, die sehr viele Schlupflöcher bietet.
CBD als Einstiegsdroge
Der Ver- (Kauf) von unverarbeiteten Hanfprodukten ist in Deutschland nicht erlaubt. Das gilt u.a. auch für CBD-Blüten, die nach dem dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) auch dann nicht erlaubt sind, wenn sie unter 0,2% THC und nur einen geringen Anteil an CBD enthalten. Es sei denn, sie dienen “gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken”, heißt es da. Andernfalls geht man von einem Missbrauch zu Rauschzwecken aus, was der Argumentation vieler CBD-Gegner entspricht. Sie sehen das Rauchen von CBD als Einstiegsdroge mit gefährlichem Suchtpotential. Jemand, der CBD raucht, möchte später auch einmal THC probieren, so die Kritiker. So klinge auch die Namen von einigen CBD-Produkten, wie „Super Lemon Haze“ und „White Widow“ verwegen nach berauschendem Vollspektrum-Cannabis, wenn auch der Konsum der Blüten (beispielsweise im Vaporisator) eigentlich völlig wirkungslos sein sollte. Allein das Ritual des Vaporisierens kann schon verführerisch sein.
Außerdem besteht immer die Möglichkeit, dass beispielsweise Blüten einen höheren THC-Gehalt haben, als angegeben oder die Verbraucher das THC aus den Blüten extrahieren. Das wäre eindeutig illegal. Nachprüfen kann das aber niemand. Gleiches gilt im übrigen für CBD-Tee und -Kaffee.
Die Wirksamkeit von CBD
Wenn freiverkäufliches Vollspektrum-CBD-Öl einen THC-Gehalt unter 0,2% beinhaltet und kein Heilversprechen deklariert, ist alles gut. Dazu darf allerdings der CBD-Gehalt nicht so hoch sein, dass das als Nahrungsergänzungsmittel geltende Produkt eine pharmakologische Wirkung aufweist und damit als Arzneimittel einzustufen wäre.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM erklärt, dass CBD durchaus pharmakologische Wirkungen hat, wie Tiermodelle und klinische Humanstudien erwiesen haben. So soll CBD:
- angstlösend
- antipsychotisch
- antiemetisch (gegen Übelkeit)
- nervenschützend
- entspannend
- beruhigend und
- antientzündlich wirken.
Kritiker könnten jetzt argumentieren, dass die im freien Handel erhältlichen CBD-Produkte demnach niemals die genannten Wirkungen haben können, denn sonst wären sie ja gemäß der Definition Arzneimittel und würden strengen Regularien unterliegen. Dagegen hat ein qualitativ hochwertiges extrahiertes oder isoliertes CBD-Öl eine pharmakologische Wirkung und müsste deshalb als rezeptflichtiges Arzneimittel gehandelt werden. Anders ausgedrückt profitieren die Verbraucher bei frei verkäuflichen Vollspektrum-CBD-Ölen allenfalls von den Vitaminen, Terpenen, Fettsäuren und das auch nur, wenn das Öl entsprechend hochwertig ist.
Darüber hinaus reichen Tiermodelle nicht aus, um Rückschlüsse auf die Wirkung im Menschen zu ziehen. Doppelblinde, placebokontrollierte klinische Studien an einem ausreichend großen Probandenkollektiv oder besser noch an Patienten, die unter einer bestimmten Erkrankung leiden, gibt es bislang noch viel zu wenige, um letztendliche Aussagen über die Wirksamkeit von CBD treffen zu können. Außerdem sind die Studien oft relativ neu, so dass sich keine Aussagen über die Langzeitwirkung des CBDs und ggf. später auftretende (schwerwiegend) unerwünschten Ereignisse treffen lassen [1].
Die Vielzahl der Angebote
Erst gab es vielleicht nur Öle, dann eroberte CBD den Kosmetikmarkt, jetzt gibt es Kaffee, Gummibärchen, Kaugummis u.v.m.. Umso mehr Produkte den Markt überschwemmen, umso mehr macht es den Anschein, dass CBD als Schlagwort genutzt wird, um Kunden zu werben, ähnlich wie “vegan” oder “ohne Parabene”. Derartige Aufdrucke machen den Anschein, dass es sich hier um ein alternatives, ganzheitliches, ökologisch verträgliches Produkt handelt. Dabei werden die Kunden schnell in die Irre geführt. Viele vegane oder “ohne-Parabene”-Produkte täuschen beispielsweise darüber hinweg, dass trotzdem gesundheitlich bedenkliche Inhaltsstoffe untergemogelt wurden, nur eben vegan, oder ohne Paraben. Gerne wird dabei auch der sogenannte Placebo-Effekt genutzt, der CBD-Kaugummi-kauende Nutzer plötzlich tiefenentspannt werden lässt. Ob die Wirkung wirklich auf das Kaugummi zurückzuführen ist? Wer weiss.
Die Produktionsmethode
Händler für CBD-Produkte schießen aus dem Boden wie die Pilze. Die Kompositionen werden immer abenteuerlicher: In Österreich wurde sogar CBD-Pizza angeboten, die dann allerdings schnell wieder vom Markt verschwand. Natürlich gibt es bei der Vielzahl der Angebote immer auch schwarze Schafe, deren Rohstoffe und Produktionsmethoden fragwürdig sein dürften. Konsumenten können nicht erkennen, ob sie ein hochwertiges Produkt in den Händen halten, es sei denn, es wäre von unabhängiger Seite kontrolliert und zertifiziert. CBD-Öle werden zu Discount-Preisen veräußert oder sind sehr hochpreisig. Wir wissen alle, dass ein hoher Preis nicht immer gleichbedeutend ist mit hoher Qualität. Und leider legen die Produzenten nur ungern alle Daten offen.
Die Sicherheit von CBD
Da Cannabis lange verboten war, wurde lange Zeit nicht auf diesem Gebiet geforscht. Für gezielt angereichertes CBD liegen noch gar keine ausreichenden Untersuchungen darüber vor, wie sie sich auf die Gesundheit auswirken. Die Sicherheit derartiger Produkte ist also nicht gewährleistet. Dazu kommt, dass solche Produkte auch wechselnde Anteile an THC beinhalten können, die sich schnell im Bereich der Betäubungsmittel bewegen. Mit Sicherheit kann man nur einen THC-Gehalt über 0,2% ausschließen, wenn jedes einzelne Produkt überprüft würde. Das geht natürlich nicht. Bisher müssen nur die Hersteller die Sicherheit ihrer CBD-Produkte garantieren.
Ein weiteres Argument aus toxologischer Sicht ist, dass CBD die Funktion einer Droge einnimmt, wenn es wie ein Medikament genutzt wird, obwohl der Nutzer nicht krank ist. “Wenn man ein Medikament nimmt, ohne krank zu sein, konsumiert man eine Droge”, so Nicolas Donzé, Toxikologe im Zentralinstitut der Spitäler, Schweiz.
Das Endocannabinoid-System unseres Körpers ist ein sinnvoll fein reguliertes System, das u.a. das Gedächtnis, die Entwicklung des Gehirns, das Herz, die Leber, die Fortpflanzungsorgane und die Muskeln steuert. In dieses System sollte ein gesunder Mensch nicht unkontrolliert eingreifen. Mit der Einnahme von CBD kann man ja nicht nur spezielle Rezeptoren aktivieren. Vielmehr werden alle Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems reguliert, die auf das CBD geeicht sind. Der Toxikologe vergleicht dabei das CBD wie “Lärm” auf das Gehirn, das den Nutzer gegenüber der natürlichen körperlichen Funktionen desensibilisiert [2].
Der Handel mit CBD-Produkten
Die Landesbehörden sind dafür zuständig zu prüfen, ob ein CBD-Produkt verkauft werden darf oder nicht. Und das ist ganz schön kompliziert, da hierbei unterschiedliche Gesetze, Verordnungen und Vorschriften existieren und nicht jedes einzelne Produkt überprüft werden kann. Je nach Eigenschaft, Herstellungsverfahren, Konzentration und Zusammensetzung eines CBD-Produktes kann es als Nahrungsergänzungsmittel, neuartiges Lebensmittel oder Arzneimittel gelten mit jeweils ganz unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten. Enthält ein CBD-Öl beispielsweise mehr CBD als die Ursprungspflanze, muss die Zulassung entsprechend einer sogenannten Novel-Food-Verordnung beantragt werden [1]. Nicht jeder Händler wird sich in diesem Dschungel auskennen. Inzwischen ist es auch für jeden ganz einfach, sich über das Internet ein ausländisches Produkt zu bestellen. Die Grenze zum Missbrauch ist dadurch ganz schmal geworden. Die Nachfrage ist riesig und die Händler freuen sich: Mit CBD lässt sich viel Geld verdienen.
Quellen:
[1] Alexandra Latour, CBD-Produkte: Aktuelle Rechtslage, 09.12.2019 in Leafly, abgerufen am 25.06.2020 von https://www.leafly.de/cbd-produkte-aktuelle-rechtslage/
[2] Salamin, Jessica, Ich rauche CBD. Welche Risiken bestehen für meine Gesundheit?, Spital Wallis: Prävention und Beratung, abgerufen am 26.06.2020 von https://blog.hopitalvs.ch/ich-rauche-cbd-welche-risiken-bestehen-fur-meine-gesundheit/?lang=de#:~:text=Wenn%20man%20krank%20ist%2C%20nimmt,seinen%20Platz%20in%20den%20Apotheken.