Grüner und Schwarzer Tee stimulieren die CB1-Rezeptoren, Echinacea und Kava-Kava die CB2-Rezeptoren: Wo ist der Unterschied zu CBD und THC?
Dass die Cannabinoide CBD und THC an die Rezeptoren des Endocannabinoidsystems binde, wissen wir inzwischen. Für viele wird aber neu sein, dass auch Stoffe aus Grünem und Schwarzen Tee, Echinacea-Pflanze und Kava-Kava ebenfalls diese sogenannten CB1- und CB2-Rezeptoren stimulieren. Bewirken sie nun das gleiche, das auch CBD und THC an den Rezeptoren auslösen? Könnten wir also theoretisch anstelle von CBD auch beispielsweise einfach Echinacea einnehmen? Dieser spannenden Frage wollten wir unbedingt nachgehen.
Die Cannabinoidrezeptoren
Die CB1-Rezeptoren, an die vorwiegend das THC bindet, befinden sich u.a. an den Nervenzellen des zentralen und peripheren Nervensystems und am Darm. Durch die Bindung der Cannabinoide werden über die Rezeptoren die Neurotransmitter (wie beispielsweise das “Glückshormon” Serotonin) im Gehirn reguliert. Sowohl ein Mangel an diesen wichtigen Botenstoffen, als auch eine Überproduktion können so verhindert werden. Produziert der Körper, z.B. aufgrund einer Erkrankung, zu wenig Endocannabinoide, kann von außen zugeführtes THC diesen Mangel kompensieren und helfen, Schmerzen, Übelkeit, Krämpfe und mehr zu verringern.
CB2-Rezeptoren sind hauptsächlich auf den Zellen des Immunsystems (T-Zelle, B-Zelle, Monozyten, NK-Zellen und neutrophilen Granulozyten), auf Knochenzellen und am Darm zu finden. CBD interagiert hauptsächlich mit den CB2-Rezeptoren und aktiviert oder blockiert sie bzw. modifiziert deren Fähigkeit, Cannabinoide zu binden. Wie auch THC kompensiert CBD einen Endocannabinoidmangel und hilft so, Entzündungen, Schmerzen, Unruhe u.v.m. zu bekämpfen.
Welche Reaktion der Cannabinoid-Rezeptor-Komplex auslöst hängt davon ab, auf welcher Zelle sich der Rezeptor befindet. So entsteht entweder ein Effekt im Immunsystem, im Bewusstsein, in der Motorik, in der Stimmung oder im Empfinden. Sie vermitteln u.a. Sinnesreize, Entzündungsprozesse und Wachstumssignale [1].
Andere Phytocannabinoide (Cannabimimetika)
Aber nicht nur CBD und THC interagieren mit diesen Rezeptoren, sondern auch andere Stoffe, wie beispielsweise Hormone, Botenstoffe und Viren (z.B. HIV). Diese sogenannten Cannabimimetika imitieren die Effekte der Cannabinoide und wirken ebenfalls auf das Endocannabinoid-System ein [2]. Schon 2006 konnten Forscher Pflanzen identifizieren, die an die CB-Rezeptoren des Endocannabinoidsystems binden. Dazu gehören:
- Echinacea (Sonnenhut), dessen Cannabimimetika an die CB2-Rezeptoren des Immunsystems bindet und entzündungshemmend, gegen Arthritis, Erkältungen, Müdigkeit und Migräne helfen soll [S1]
- Jambu, dessen cannabinoidähnlichen Stoffe auf die CB2-Rezeptoren einwirken und entzündungshemmende und schmerzlindernde Effekte verursachen
- die Strohblume mit CBG, das entzündungshemmend und stimmungsaufhellend wirken soll
- Gewürzpflanzen, wie Pfeffer, mit Beta-Caryophyllen, das an die CB2-Rezeptoren bindet und Immunreaktionen modulieren, Schmerzen und Entzündungen lindern und gegen die Symptome von Osteoporose oder Arteriosklerose helfen soll
- Kava (Rauschpfeffer), dessen cannabinoidähnlichen Stoffe an CB1 binden und der gegen Ängste, Schmerzen, Sozialphobien, Muskelkrämpfe und freie Radikale wirken soll
- Grüner Tee, dessen Cannabimimetika an die CB1-Rezeptoren binden und antioxidativ, antientzündlich und nervenschützend wirken sollen
- Kakao und schwarzer Trüffel mit Anandamid-Verbindungen, die an CB1-Rezeptoren binden und eine entspannende, schmerzlindernde Wirkung auslösen sollen [S2]
- Kurkuma mit Curcumin, das auch an die CB1-Rezeptoren bindet [2; 3; 4; 5; 6; 7].
Schaut man genauer hin, dann sind die beschriebenen Wirkungen sehr ähnlich denen von CBD und THC.
Kann ich also Tee, Pfeffer oder Kava anstelle Hanfextrakte einnehmen?
Diese Frage ist nur schwer zu beantworten, denn es sieht so aus, als wenn es dazu eine Menge Für und Wider gäbe. Zunächst einmal beinhaltet Cannabis den größten Anteil an verschiedenen Cannabinoiden. Auch ist das aus dem Hanf gewonnene CBD und THC ist in seiner Wirkung in aller Regel sehr viel stärker als die Phytocannabinoide bzw. Cannabimimetika anderer Pflanzen, die zudem auch häufig homöopathisch angewendet werden. Beim Sonnenhut beispielsweise stellt sich erst nach einer längeren Einnahmephase eine Wirkung ein. Hier spielt auch die exakte Dosierung eine viel bedeutendere Rolle, als beispielsweise bei CBD.
Im Vergleich zum THC stehen andere Pflanzen vielleicht besser da, weil sie nicht psychoaktiv wirken. Kakao wirkt zwar nicht so stark wie THC. Es hemmt aber mit gleich drei cannabinoidähnlichen Verbindungen den Abbau von Anandamid im Gehirn. Das macht uns entspannt und glücklich, aber eben nicht so, wie es der Konsum von Cannabis machen würde. Gleiches gilt für Lebermoos. Auch Kavalactone aus Kava bindet, ebenso wie THC, an Rezeptoren in Hirnregionen, die mit Sucht und Gelüsten verbunden sind [9].
Doch von Hanf ist bekannt, dass es i.d.R. nur wenige bis milde Nebenwirkungen verursacht. Das ist bei anderen Pflanzen dosisabhängig anders. Echinacea beispielsweise kann Verdauungsprobleme, Hautausschläge und Asthmaanfälle verursachen. Grünteeextrakte können Bluthochdruck, Leberschäden und Anstieg des Augeninnendrucks verursachen [10; 11].
Dazu kommt, dass viele Erkenntnisse zur heilsamen Wirkung des Grüntees, wie auch die zu der anderer Pflanzen, aus Zellkultur- und Tierversuchen stammen, die nicht unbedingt auf den Menschen zu übertragen sind. Ebenso wichtig sind Untersuchungen zur Verträglichkeit und den Wechselwirkungen einer Substanz. Hier ist die Cannabisforschung schon sehr weit fortgeschritten [8].
Erfahrungsberichte
Nichts überzeugt so sehr, wie ein Erfahrungsbericht von Personen, die in derselben Lage sind, wie man selbst. Wer daran interessiert ist, findet im Internet zahlreiche Foren zum Austausch. Unter https://www.facebook.com/groups/1875755872714021 bieten auch wir eine Selbsthilfegruppe zum regen Austausch an.
Quellen:
[1] Cannabinoid-Rezeptoren, in Leafly, abgerufen am 27.12.2020 von https://www.leafly.de/glossar/cannabinoid-rezeptoren/#:~:text=Im%20zentralen%20Nervensystem%20haben%20die,der%20Neurotransmitter%20im%20Gehirn%20auszubalancieren.&text=Wenn%20dem%20K%C3%B6rper%20Delta%2D9,und%20entfaltet%20die%20psychoaktive%20Wirkung.
[2] Glasmann, Dieter Klaus, Cannabimimetika – natürliche Cannabinoide in der Pflanzenwelt, 06.09.2018 in Hanf-Magazin, abgerufen am 28.12.2020 von https://www.hanf-magazin.com/drogenkunde/schamanenpflanzen/cannabimimetika-natuerliche-cannabinoide-in-der-pflanzenwelt/
[3] Das Endocannabinoid-System (ECS), in flores vitae, abgerufen am 28.12.2020 von https://flores-vitae.com/wp-content/uploads/2019/04/Das-Cannabinoid-System.pdf
[4] Latour, Alexandra, Phytocannabinoide und ihr therapeutisches Potenzial, 10.12.2019 in Leafly, abgerufen am 28.12.2020 von https://www.leafly.de/phytocannabinoide-und-ihr-therapeutisches-potenzial/
[5] Grüner Tee, in Phytoscout, abgerufen am 28.12.2020 von https://www.phytoscout.de/pflanze/gruener-tee/
[6] Schokolade-Inhaltsstoff besetzt THC-Rezeptor: Warum macht Schokolade süchtig? 01.02.1998 in DAZ 1998, Nr. 6, S. 33, abgerufen am 28.12.2020 von https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/1998/daz-6-1998/uid-2689
[7] Grotenhermen, Franjo, Was haben schwarzer Pfeffer und Cannabis gemeinsam?, 05.06.2010 in Hanf-Journal, abgerufen am 28.12.2020 von https://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2010/06juni/s04_0610_franjo.php
[8] 5 Pflanzen außer Cannabis, die Cannabinoide enthalten, in Gesundheitszentrale, abgerufen am 28.12.2020 von https://www.gesundheitszentrale.eu/pflanzen-die-cannabinoide-enthalten
[9] Pflanzen außer Cannabis, die Cannabinoide produzieren, in Royal Queen Seeds, abgerufen am 28.12.2020 von https://www.royalqueenseeds.de/blog-pflanzen-ausser-cannabis-die-cannabinoide-produzieren-n714
[10] Other plants containing cannabinoids, 12.12.2018 in Cibdol, abgerufen am 28.12.2020 von https://www.cibdol.de/blog/672-welche-pflanzen-ausser-cannabis-enthalten-cannabinoide
[11] Grüner Tee-Extrakt: Leber versagt, Blutdruck steigt, in Ernährungsmedizin Blog, abgerufen am 28.12.2020 von https://www.ernaehrungsmedizin.blog/2018/08/20/gruener-tee-extrakt-leber-versagt-blutdruck-steigt/
Relevante Studien
[S1] Raduner, Stefan et. al., Alkylamides from Echinacea Are a New Class of Cannabinomimetics, CANNABINOID TYPE 2 RECEPTOR-DEPENDENT AND -INDEPENDENT IMMUNOMODULATORY EFFECTS, 13.03.2006 in The American Society for Biochemistry and Molecular Biology, Inc., abgerufen am 28.12.2020 von https://www.jbc.org/content/281/20/14192
[S2] Pacioni, Giovanni et. al., Truffles contain endocannabinoid metabolic enzymes and anandamide, Februar 2015 in Phytochemistry, Volume 110, Pages 104-110, abgerufen am 28.12.2020 von, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0031942214004956